Härten

Definition
Härten ist nach DIN EN 10052 eine Wärmebehandlung, bei der ein Eisenwerkstoff austenitisiert und dann so abgekühlt wird, dass eine Härtesteigerung durch die völlige oder teilweise Umwandlung des Austenits zu Martensit erfolgt.

Grundprinzip
Härten besteht aus mehreren Arbeitsgängen. Um Wärmespannungen, Riß- und Verzugsgefahr zu vermindern (Stahl hat eine relativ geringe Wärmeleitfähigkeit!) ist ein nicht zu rasches Vorwärmen notwendig. Schnell- und Warmarbeitsstähle werden sogar in 2 oder 3 Stufen vorgewärmt. Dann wird das Werkstück auf Härtetemperatur erwärmt und anschließend auf Härtetemperatur gehalten. (Es soll überall ein feinkörniges austenitisches Gefüge entstehen) Zu hohe Temperaturen und zu große Haltedauer führen zu groben Austenit! Dann wird abgeschreckt, d.h. in Wasser oder Öl getaucht. Dadurch wird der Stahl sehr hart und kann durch Schleifen, Läppen oder Hartdrehen weiterverarbeitet werden.

Durch das Härten bildet sich das martensitische Gefüge, es ist sehr hart und spröde. Kohlenstoff und Legierungselemente bestimmen die Erscheinungsform des Martensits. Bei geringen C- Gehalten (< 0,5 %) und geringen Mengen Legierungselementen bildet sich der massive, oberhalb 1,0 % der harte, spröde nadelige Martensit.

DerStahl wird dadurch sehr har, aber auch zu spröde. Ein Stahl mit dieser sogenannten Glashärte ist nicht zu gebrauchen. Deshalb wird das Werkstück anschließend angelassen, d.h. auf Anlasstemperatur erwärmt. Man spricht dann auch von der Gebrauchshärteoder auch Endhärte. Der Stahl hat nun eine ausreichende Zähigkeit. Auch Teile, die zur Weiterverarbeitung eine geringere Gebrauchshärte benötigen, müssen angelassen werden.

Die geeignete Anlasstemperatur ist aus dem Anlassschaubild des betreffenden Stahls zu entnehmen und richtet sich nach der gewünschten Endhärte.

Anlassfarben für den unlegierten Stahl

Diesen Farben entstehen durch dünne transparente FeO-Schichten, die durch Interferenz des Lichtes zu Farbeffekten führen. Änlich wie bei einem Tropfen Bezin auf einer Wasseroberfläche. Beim Erhitzen von Stählen an der Luft bildet sich ein eigentlich transparentes Metalloxid auf der Metalloberfläche. Die dabei entstehenden Farben hängen von der Oxidschichtdicke ab und sind damit eine Funktion von Anlaßtemperatur und Anlaßdauer. Bei z.B. mit Chrom legierten Stählen bildet sich auch das Chrom(III)oxid, welches sehr kompakt ist und eine weitere Diffusion von Sauerstoff deutlich einschränkt, wodurch die Schichtdicke nur sehr langsam zunimmt. Daher gelten diese obigen Anlassfarben nur bei unlegierten Stählen. Sehr dicke, nicht mehr transparente Oxidschichten werden als Zunder bezeichnet.

Das Anlassen verursacht Gefügeänderungen, die bei den Schnellarbeitsstählen in 4 Stufen, sonst in 3 Stufen ablaufen.

Bei über 100°C wird die tetragonale Verzerrung des Martenists „abgebaut“. Außerdem verringert sich der C-Gehalt des Martensits auf 0,25-0,35%. Es entsteht ein hexagonales C-reiches Carbid (ε-Carbid, ca. Fe2C). Dieses bildet stäbchen- oder plättchenförmige Kristalle innerhalb des Martensits. Erscheint im Gefüge dunkel – daher „dunkler Martensit“.

Bei Stählen mit Restaustenit (z.B. C115) wandelt sich zwischen 230°C bis 280°C der Restaustenit in „dunklen Martensit“ um.

Restaustenit ist weich. Dies ist bei Werkzeugstählen unerwünscht.

Zwischen 260°C und 360°C zerfällt der „dunkle Martensit“ in ein feinkörniges Gefüge aus Ferrit und Zementit.

Bei Schnellarbeitsstählen bzw. sondercarbidbildenden Stählen entstehen zwischen 400°C bis 700°C feine Ausscheidungen von Sondercarbiden (z.B. WC). Dadurch steigt die Härte wieder an (Sekundärhärte).

Dementsprechend gibt es 3 Anlassverfahren.

Bei „niedriger Temperatur“ (unterhalb 250°C) entsteht „angelassener Martensit“ und innere Spannungen werden teilweise beseitigt.

Bei „mittlerer Temperatur“ zwischen 250°C bis 500°C wird vollständig angelassener Martensit erhalten.

Lehren und Messwerkzeuge 100-180°C
Fräser, Drehmeißel, Hobelmeißel bis 200°C
Bohrer, Gewindebohrer bis 250°C
Meißel, Messer, Äxte bis 300°C
Federn bis 500°C

Anlassen bei „hoher Temperatur“ zwischen 500°C bis 600°C führt zu einem hochangelassenen Martensit. Die Kombination Härten und Anlassen bei hoher Temperatur wird als Vergüten bezeichnet.

• Durch das Härten soll der Verschleißwiderstand erhöht werden

Erwärmen auf Härtetemperatur
Beim Erwärmen von Stahl über die Linie GSK im Fe-C-Zustandsdiagramm wandelt sich das krz- Ferritgitter in ein kfz- Austenitgitter um. Der freiwerdende Platz in der Kristallmitte wird von einem Kohlenstoffatom besetzt, das aus dem Gefügebestandteil Zementit Fe3C stammt.

Im Schliffbild ist diese Umwandlung als Austenitgefüge sichtbar.

Abschrecken
Wird der austenitisierte Stahl jedoch sehr rasch abgekühlt, dann klappt das kfz-Austenitgitter bei Unterschreiten der Linie GSK schlagartig in das krz- Ferritgitter um. Das Kohlenstoffatom in der Kristallmitte hat keine Zeit aus dem Gitter herauszuwandern. Es befindet sich nun ein Kohlenstoffatom und zusätzlich ein Eisenion in der Gittermitte. Dadurch wird das Kristallgitter stark verzerrt. Es entsteht ein feinnadeliges Gefüge, das man Martensit nennt. Es ist sehr hart und spröde.



Das kubisch-flächenzentrierte Gitter „klappt“ in das kubisch-raumzentrierte Gitter um.

Martensit entsteht nur, wenn das Werkstück ausreichend schnell abgeschreckt wird und wenn ein ausreichender Kohlenstoffgehalt des Stahls vorhanden ist. Nur Stähle mit mehr als 0,2 % Kohlenstoff sind zum Härten geeignet. (Üblich sind mehr als 0,35% C)

Das kubisch-flächenzentrierte Gitter „klappt“in das kubisch-raumzentrierte Gitter um.

Abkühlmedien (Abschreckmittel)
• Wasser (abgestandenes Wasser!) ohne oder mit Zusätzen ( z.B. NaCl, NaOH ), für unlegierte Stähle (durch die Zusätze lässt sich der Zunder leichter ablösen)
• Härteöle, für niedriglegierte Stähle
• Wirbelbetten aus gasdurchströmten Al2O3 – Teilchen
• Strömende Gase ( Luft, Stickstoff, Schutzgas ), für hochlegierte Stähle
• Salzschmelzen (Natriumnitrat, Natriumnitrit), jedoch wegen der teuren Entsorgung sehr selten

Wirkung des Abschreckens
Die Wirkung hängt ab von der Härtbarkeit des Stahls, der Abschreckintensität des Abkühlmediums, der Wärmeleitfähigkeit, der Abmessung, der Form und der Bewegung des Werkstücks.

Härteverzug und Härterisse
Gehärtete Werkstücke weisen Maß- und Formänderung, dem so genannten Härteverzug auf. Bei besonders schroffer Abschreckung können sogar Härterisse auftreten.

Härteverzug und Härterisse entstehen in zwei Phasen:

erste Phase:
Beim Eintauchen in das Abschreckmittel erkaltet die Randzone sehr schnell und verkürzt sich dadurch. Der noch heiße Kern hat noch seine ursprüngliche Größe und behindert das Schrumpfen der Randzone. Es kommt zu Verspannungen, Verzug oder Rissen am Umfang.

zweite Phase:
Im weiteren Verlauf kühlt auch der Kern ab und will schrumpfen Er wird von der starren Randzone behindert. Es entstehen Verspannungen, Verzug und Risse zwischen Kern und Randzone.

Zusätzlich kommt es noch durch die Martensitbildung zu Verspannungen, da Martensit ein um 1 % größeres Volumen als Ferrit hat.

Martensit hat eine geringere Dichte als Ferrit! Ein Stab wird beim Härten also länger! Gemessen wird das im Dilatometerversuch. Beim Abschrecken wird der Austenit linear kürzer, erst wenn sich das kfz-Gitter ins krz-Gitter beginnt sich „Umzuwandeln“ wird die Längenabnahme während der weiteren Abkühlung durch die Bildung des weniger kompakten krz-Gitters teilweise kompensiert. (Ms, Martensitstarttemperatur). Je mehr Martensit sich gebildet hat, desto stärker ist dieser Einfluss. Bei Raumtemperatur ist der gehärtete Stahlstab dann länger, als er vor dem Härten war.